Tagung "Kinderwunsch und Reproduktionsmedizin"
Ethische Herausforderungen der technisierten Fortpflanzung
Interdisziplinäre Klausurwoche für Nachwuchswissenschaftler/innen
20.-26.03.2011 in Freiburg
Öffentliche Abschlussveranstaltung
am Sa., 26.03. um 10 Uhr im Theater Freiburg - mehr hier
Thema der Klausurwoche:
Im Zuge der fortschreitenden Entwicklung der modernen Reproduktionsmedizin haben sich in den letzten Jahrzehnten die Möglichkeiten, ungewollt kinderlosen Menschen zu eigenen Kindern zu verhelfen, erheblich erweitert. Gleichzeitig finden reproduktionsmedizinische Maßnahmen, die den Prozess der menschlichen Fortpflanzung plan- und kontrollierbar machen, mehr und mehr gesellschaftliches Interesse und Akzeptanz. So versprechen Kinderwunschbehandlungen heute nicht nur heterosexuellen Paaren, die unter Unfruchtbarkeit leiden, medizinische Hilfestellung. Auch Alleinstehende, gleichgeschlechtliche Paare und Frauen nach der Menopause können sich durch die Inanspruchnahme von Samen- und Eizellspende, Leihmutterschaft oder Verfahren der Kryokonservierung und Vitrifikation von unbefruchteten Eizellen („egg-freezing“, „Eizell-Banking“) den Wunsch nach einem eigenen Kind erfüllen. Damit reagiert die Reproduktionsmedizin mit ihren Angeboten nicht nur effektiv auf das Leiden der Betroffenen, sondern trägt auch dazu bei, dass sich ganz neue Formen der Elternschaft etablieren. Zudem gewinnen persönliche Bedürfnisse und individuelle Wünsche innerhalb der Gestaltung der Fortpflanzung einen immer größeren Stellenwert.
Während diese Entwicklung neue Handlungsoptionen und Entscheidungsspielräume eröffnet, werden zugleich tiefgreifende Überzeugungen vom Selbstverständnis des Menschen, vom Wert der Natürlichkeit sowie von Familien- und Beziehungsmodellen berührt. Im Rahmen der Klausurwoche sollen neben dem wachsenden Spektrum von Kinderwünschen auch die damit verbundenen Bedürfnisse sowie sich daraus ergebende Konsequenzen auf individueller und gesellschaftlicher Ebene aus ethischer Perspektive befragt werden.
- Besitzt die Natürlichkeit der menschlichen Fortpflanzung und ihrer biologisch-körperlichen Bedingungen einen inhärenten Wert, der durch den Einsatz reproduktionsmedizinischer Verfahren und Techniken verloren geht? Welche anthropologische Bedeutung und welcher normative Status kommt dem Kinderwunsch von fruchtbaren Menschen zu, die sich aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder sozialen Situation nicht fortpflanzen können?
- Unter welchen Umständen sollte der Wunsch nach einem eigenen Kind als ein Grundbedürfnis aufgefasst werden, dessen Erfüllung jenseits individueller Lebensumstände jedem erwachsenen Menschen zusteht? Gibt es Umstände, unter denen der Kinderwunsch dagegen als ein willkürliches, bloß von subjektiven Vorlieben abhängiges Gut zu beurteilen ist? Inwieweit kann aus der authentischen Artikulation von Kinderwünschen ein Anspruch auf deren Erfüllung mithilfe der Reproduktionsmedizin abgeleitet werden?
- Wie ist damit umzugehen, dass der Einsatz reproduktionsmedizinischer Techniken und Verfahren zu ganz neuen Elternkonstellationen führen kann? Was bedeutet es für den Begriff der Familie und den Wandel von Beziehungsformen, wenn IVF-Kinder durch Samen- und Eizellspende sowie Leihmutterschaft bis zu fünf „Elternteile“ haben können (eine genetische, biologische und soziale Mutter sowie einen genetischen und sozialen Vater)?
- Welche für das Wohl eines Kindes relevanten Faktoren werden durch die reproduktionsmedizinische Erfüllung eines Kinderwunsches beeinflusst? Haben Kinder einen Anspruch auf junge Eltern? Auf heterosexuelle Eltern? Auf eindeutige Abstammung? Inwiefern wandeln sich die Herausforderungen an elterliche Verantwortung durch die Inanspruchnahme assistierter Reproduktion?
Neben Vorträgen renommierter Expertinnen und Experten und einem intensiven Austausch in Arbeitsgruppen und Diskussionsrunden werden Exkursionen in die Universitäts-Frauenklinik sowie an das Theater Freiburg das Programm der Klausurwoche abrunden.
Zum Abschluss der Klausurwoche wird eine öffentliche Matinee im Theater Freiburg stattfinden. Mehr dazu hier.
Weitere Informationen:
Tobias Eichinger
Institut für Ethik und Geschichte der Medizin
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Stefan-Meier-Straße 26
D - 79104 Freiburg
eichinger@egm.uni-freiburg.de
Veranstalter:
Prof. Dr. Giovanni Maio M.A., Tobias Eichinger M.A., Claudia Bozzaro M.A.
Institut für Ethik und Geschichte der Medizin Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
In Kooperation mit der Katholischen Akademie der Erzdiözese Freiburg
Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
Hier finden Sie die Ausschreibung für potentielle Teilnehmende (Call for papers) als pdf-Dokument.